Dienstag, 29. September 2015

Positive Wirkung von Kreatin im Alter und für Rehabilitation

Positive Wirkung von Kreatin im Alterund für Rehabilitation


Kreatin für ein gesundes Alter


Kreatin ist eine physiologisch essenzielle körpereigene Substanz, die in der Skelett-und der Herzmuskulatur sowie im Gehirn und Nervensystem wie auch in Knochen, Haut und Gonaden in grösseren Mengen vorkommt (1). Die energetisch aufgelade­ne Form von Kreatin, das Phosphokreatin, dient zusammen mit dem Enzym Kreatin-kinase in den Körperzellen als Energie­speicher- und Energietransportsystem und ist für die normale physiologische Funktion dieser Organe wichtig (2). Rund 50 Prozent des täglichen Bedarfs an Krea-tin wird in den Nieren, dem Pankreas und der Leber endogen im Körper selber her­gestellt, aber der restliche Anteil von Kreatin muss über die Nahrung, also über frisches Fleisch und Fisch, in denen 3 bis 7 Gramm Kreatin pro kg enthalten sind, aufgenommen werden (1).




Infolge der veränderten Essgewohnhei­ten mit weniger Fleisch und Fisch im Alter werden in den verschiedenen Organen bei älteren Menschen auch deutlich ver­ringerte Mengen an Kreatin gemessen, sodass man von einem altersbedingten Mangel an Kreatin sprechen kann (siehe 1, 2). Es besteht also ein Bedarf, den Kreatinmangel bei älteren Personen mit Supplementation durch chemisch reinstes Kreatin zu beheben. 

In der Tat konnte mit dieser Strategie in verschiedenen plazebokontrollierten Doppelblindstudien ge­zeigt werden, dass das von der European Food Safety Agency (EFSA) als wirksames und sicheres Nahrungsergänzungsmittel eingestufte Kreatin (3–5g/Tag), entweder allein oder in Kombination mit einem al­tersgerechten Krafttraining, einen signifi­kanten Anstieg der Muskelmasse und der Muskelkraft bei älteren Menschen be­wirkt (3–8). 

Kreatin kann also dem im Al­ter häufig beobachteten Verlust an Mus­kelmasse (Sarkopenie) entgegenwirken (9). Besonders wichtig in diesem Zusam­menhang ist, dass mit der Kreatineinnah-me gleichzeitig die Knochendichte bei den älteren Probanden im Vergleich zu Plazebo signifikant zunimmt (10, 11) so­wie das Verhältnis von fettfreier Köper-masse (Muskeln und Knochen) zu Körper­fett verbessert wird (12, 13). Für einen optimalen Effekt des Kreatins ist generell wichtig, dass die Einnahme nach einer körperlichen Betätigung und zusammen mit Kohlenhydraten erfolgt (3, 4, 14).

Ein durch Kreatin erreichter Erhalt von Muskelmasse und Muskelkraft sowie auch von Knochensubstanz im Alter stellt einen wesentlichen Faktor für die Lebens­qualität von Senioren dar (15), weil da­durch nicht nur die Bewältigung des All­tages und der Freizeit verbessert werden, sondern auch die Gefahr von Stürzen und Knochenbrüchen vermindert wird, insbe­sondere wenn Kreatin zum Beispiel zu­sammen mit Vitamin-D- (16) und mit Pro­teinsupplementen (17) eingenommen wird.



Kreatin für die Rehabilitation


In einem klinischen Versuch wurde frei­willigen Probanden jeweils ein Bein wäh­rend 14 Tagen von der Hüfte bis zu den Zehen durch einen Gips immobilisiert, was zu einer deutlichen Muskelatrophie und dem Verlust von Muskelkraft führte. Die orale Gabe von Kreatin während der Rehabilitationsphase, verbunden mit Krafttraining, verbesserte sowohl den Wiederaufbau der Muskelmasse als auch der Muskelkraft im Vergleich zur Plazebogruppe (mit Krafttraining, aber ohne Kreatin) signifikant (18). 


Es ist bekannt, dass Kreatin die Expression von muskel­spezifischen Transkriptionsfaktoren wie MRF4 stimuliert, deren Funktion für den Aufbau von Muskelmasse notwendig ist, und dass Kreatine gleichzeitig die Expres­sion von Myostatin, einem Negativregula­tor für die Bildung von Muskelmasse, un­terdrückt. Ausserdem reaktiviert Kreatin die für den Regenerationsprozess benö­tigten Muskelstammzellen und beschleu­nigt die Muskeldifferenzierung über die Aktivierung von diversen Signalkaskaden (siehe 1, 2). Es ist anzunehmen, dass das auch für die Rehabilitation nach längerer Bettlägerigkeit oder für Paraplegiker gilt. 

Eine präventive Kreatinsupplementation bereits vor Eintritt ins Spital, beispielswei­se bei planbaren chirurgischen Eingriffen, die mit längerem Spitalaufenthalt ver­bunden sind, könnte vermutlich die Re­habilitationszeit verkürzen. 

Ein genereller Gewichts- und Muskelverlust (Kachexie) ist bei Krebspatienten ein signifikanter Morbiditätsfaktor. Eine Studie mit pädia­trischen Leukämiepatienten zeigt, dass Kreatin die durch Kortikosteroidbehand-lung verursachte Akkumulation von Fett­gewebe verhindert und so den Body-Mass-Index verbessert (13); ähnliche Resultate wurden mit Darmkrebspatien-ten unter Chemotherapie gezeigt (19). Bemerkenswert und höchst relevant im Hinblick auf die Rehabilitation sind Studi­en mit Kindern und Jugendlichen nach ei­nem Schädel-Hirn-Trauma, die belegen, dass sich nach oraler Gabe von hoch do­siertem Kreatin (0,4 g/kg/Tag während 6 Monaten) mehrere Outcome-Parameter signifikant verbesserten. 

Dazu gehörten zum Beispiel die Dauer der posttraumati­schen Amnesie, die Dauer der Intubation, der Verbleib in der Intensivstation, die Re­habilitation, der Grad der bleibenden Be­hinderung, Kopfschmerzen, Schwindel, Müdigkeit, Verhalten und neuropsycho-logische sowie kognitive Funktionen (20, 21). 

Diese Ergebnisse zeigen, dass die Le­bensqualität vieler Patienten durch eine einfache, sichere und kostengünstige In­tervention mit Kreatin signifikant verbes­sert werden könnte.

Zusammenfassung


Zusammenfassend kann gesagt werden, dass durch die Zufuhr von chemisch rein­stem qualitätsgarantiertem Kreatin (z.B. Creapure®), allein oder im Zusammen­hang mit Training, die altersbedingte Muskelatrophie vermindert und verzö­gert werden kann (22), indem die fettfreie Körpermasse, die Muskelkraft und die Ausdauer verbessert und gleichzeitig auch die Knochendichte erhöht werden. 

Somit stellt eine Kreatinsupplementation eine wirksame und sichere therapeuti­sche Strategie dar, den altersbedingten Verlust von Muskelkraft und Leistung, die für den Alltag unabdingbar sind, zu ver­mindern oder rückgängig zu machen (1, 15) und die auch den Verlust von kogniti­ver Kapazität verlangsamt (1, 23, 24). 

Dass eine Kreatinsupplementation für die Re­habilitation sinnvoll ist, wird durch die Forschung ebenfalls unterstützt (siehe oben). Es bleibt deshalb zu hoffen, dass die Fakten über Kreatin aus internationa­ler Grundlagenforschung und klinischen Studien von den entsprechenden Stellen auch in der Schweiz zur Kenntnis genom­men und umgesetzt würden, einerseits zum direkten Nutzen der Senioren und Rehabilitanden und nicht zuletzt, weil der Einsatz von preislich billigem, aber wirk­samem und sicherem Kreatin wesentliche sozioökonomische Vorteile für das Schweizerische Gesundheitssystem brin­gen könnte.


Quellen



1.   Wallimann T. Mehr Energie – mehr Leistung: Kreatin – warum, wann und für wen? Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin (SZE). 2008 Vol. 5 pp. 20–40. Re­view.
2.   Wallimann T, Tokarska-Schlattner M, Schlattner U. The creatine kinase system and pleiotropic effects of creatine. Amino Acids. 2011 May; 40 (5): 1271–1296.
3.   Candow DG, Chilibeck PD. Effect of creatine supple-mentation during resistance training on muscle accretion in the elderly. J Nutr Health Aging. 2007 Mar–Apr; 11 (2): 185–188.
4.   Candow DG, Chilibeck PD. Timing of creatine or pro-tein supplementation and resistance training in the el-derly. Appl Physiol Nutr Metab. 2008 Feb; 33 (1): 184– 190.
5.   Gotshalk LA, Volek JS, Staron RS, Denegar CR, Ha-german FC, Kraemer WJ. Creatine supplementation improves muscular performance in older men. Med Sci Sports Exerc. 2002 Mar; 34 (3): 537–543.
6.   Gotshalk LA, Kraemer WJ, Mendonca MA, Vingren JL, Kenny AM, Spiering BA, Hatfield DL, Fragala MS, Volek JS. Creatine supplementation improves muscu-lar performance in older women. Eur J Appl Physiol. 2008 Jan; 102 (2): 223–231.
7.   Tarnopolsky MA, Safdar A. The potential benefits of creatine and conjugated linoleic acid as adjuncts to resistance training in older adults. Appl Physiol Nutr Metab. 2008 Feb; 33 (1): 213–227.
8.   Tarnopolsky MA. Nutritional consideration in the aging athlete. Clin J Sport Med. 2008 Nov; 18 (6): 531– 538.
9.   Candow DG, Chilibeck PD, Forbes SC. Creatine sup-plementation and aging musculoskeletal health. Endo-crine. 2013 Nov 5. [Epub ahead of print]
10. Chilibeck PD, Chrusch MJ, Chad KE, Shawn Davi-son K, Burke DG. Creatine monohydrate and resis-tance training increase bone mineral content and density in older men. J Nutr Health Aging. 2005 Sep–Oct; 9 (5): 352–353.

1.   Candow DG, Chilibeck PD. Potential of creatine supplementation for improving aging bone health. J Nutr Health Aging. 2010 Feb; 14 (2):149–153.
2.   Aguiar AF, Januário RS, Junior RP, Gerage AM, Pina FL, do Nascimento MA, Padovani CR, Cyrino ES. Long-term creatine supplementation improves muscu-lar performance during resistance training in older women. Eur J Appl Physiol. 2013 Apr; 113 (4): 987–996.
3.   Bourgeois JM, Nagel K, Pearce E, Wright M, Barr RD, Tarnopolsky MA. Creatine monohydrate attenu-ates body fat accumulation in children with acute lym-phoblastic leukemia during maintenance chemothe-rapy. Pediatr Blood Cancer. 2008 Aug; 51 (2): 183–187.
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6.   Gschwind YJ, Bischoff-Ferrari HA, Bridenbaugh SA, Härdi I, Kressig RW. Association between Serum Vitamin D Status and Functional Mobility in Memory Clinic Patients Aged 65 Years and Older. Gerontology. 2013 Dec 7. [Epub ahead of print]
7.   Eliot KA, Knehans AW, Bemben DA, Witten MS, Carter J, Bemben MG. The effects of creatine and whey protein supplementation on body composition in men aged 48 to 72 years during resistance training. J Nutr Health Aging. 2008 Mar; 12 (3): 208–212.
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