Montag, 25. Januar 2016

Vitamin D, Kalzium und Phytoöstrogene und Dickdarmkrebs: Zusammenhänge

Vitamin D, Kalzium und Phytoöstrogene





Zusammenfassung

Kalizum, Vitamin D und Phyto-Östrogene reduzieren in Synergie das Risiko an Dickdarmkrebs oder Brustkrebs  zu erkranken.

Sporadische im höheren Lebensalter auftretende Tumore wie der Mamma und des Dickdarms haben bis zu ihrer klinischen Manifestation eine Latenzzeit von mindestens 20 Jahren. 


Während dieses Abschnitts können Lebensstil- und Nahrungsfaktoren ausschlaggebend sein, ob ein derartiger Tumor auftritt. 

Informationen aus Zellen, Tiermodellen und epidemiologischen Studien am Menschen weisen darauf hin, 

dass Kalzium, Vitamin D und Östrogene, obwohl auch einzeln aktiv, doch sehr effizient interagieren, um die Synthese eines physiologischen „Antikrebsfaktors“ wie Vitamin D lokal im anfälligen Gewebe zu optimieren.

Details


In einer Reihe von epidemiologischen Studien konnte eine signifikante Korrelation zwischen niedrigerer Dickdarmkarzinominzidenz und erhöhter Nahrungskalziumaufnahme sowie erhöhtem Vitamin D im Serum erbracht werden (für zusammenfassende Arbeiten siehe1,2). 


Derartige Hinweise wurden jedoch noch nicht im Hinblick auf die Prävention des Mammakarzinoms gefunden. Vielmehr fällt bei der Inzidenz dieses Karzinoms auf, dass eine viel (um das Zehnfache) geringere Inzidenz in asiatischen Ländern, in Gebieten mit erhöhtem Sojakonsum, zu finden ist.

Seit den eleganten Studien von Herman Adlercreutz in Helsinki (siehe e.g.3) ist bekannt, dass Sojabohnen in reichem Aus-maß so genannte Phyto(Pflanzen)östrogene beinhalten, die wie Serumöstrogene an menschliche Östrogenrezeptoren binden können. 


Östrogenrezeptoren (ER)-a bzw. -b sind erstaunlicherweise in vielen menschlichen Organen, auch in solchen, die nicht als Sexualhormon-abhängig definiert waren, zu finden. Während Östrogen präferenziell an den ER-a bindet, haben Phytoöstrogene eine höhere Affinität für ER-b ein Überangebot führt jedoch auch zu einem „Overspill“ auf ER-a. 

Während Stimulation des ER-a oft mit Wachstumsförderung und sogar mit Tumorentstehung in Zusammenhang gebracht werden kann, führt Stimulation des ER-b meist zu einer Wachstumsreduktion.

Nun ist zwar hinlänglich bekannt, dass das Wachstum der weiblichen Brust Sexualhormon-abhängig ist. 


Es war jedoch eine Überraschung, dass auch der menschliche Dickdarm (sowohl bei Männern wie auch bei Frauen) (phyto)-östrogen-sensitiv sein muss, da er Östrogen-rezeptoren besitzt, und zwar hauptsächlich ER-b4. 

Dies könnte zumindest zum Teil für das reduzierte Vor-kommen des kolorektalen Karzinoms in einer Soja-konsumierenden Bevölkerung verantwortlich sein.

Große randomisierte placebokontrollierte Studien über Langzeitgabe von Sexualhormonen bei postmenopausalen amerikanischen Frauen zeigten (obwohl manche dieser Daten bzw. wie sie erhoben wurden kontroversiell sind) ganz klar, dass Östrogengabe die Inzidenz des kolorektalen Karzinoms bei Frauen um ca. 30% reduziert und die des Mammakarzinoms nicht signifikant beeinfluss t5. 


Ein möglicher Wirkungsmechanismus für die Reduktion der kolorektalen Karzinom-Inzidenz war jedoch unbekannt.

Abbildung 1 zeigt eine Zusammenfassung von WHO-Daten. Ein Vergleich der Inzidenz des kolorektalen Karzinoms bei amerikanischen Frauen und Männern demonstriert den Schutz, der durch weibliche Sexualhormone entsteht. Wenn man jedoch die Inzidenz bei der japanischen Bevölkerung mit der in den USA vergleicht, so ist es offensichtlich, dass nicht nur weibliche Sexualhormone, sondern auch landesspezifische Schutzfaktoren vorhanden sein müssen, wie die in Sojaprodukten enthaltenen oben erwähnten Phytoöstrogene.



Extrarenale Synthese von 1,25-(OH)2-D3 und seine Regulation


Wie eingangs beschrieben, scheint der protektive Effekt von Vitamin D und Kalzium gegen das kolorektale Karzinom einigermaßen gesichert. Die Serumkonzentration der Vorstufe des aktiven D Metaboliten 1,25-(OH)2-D3, des 25-OH-D3, kann mit der Inzidenz des kolorektalen, und eventuell auch des Mammakarzinoms, negativ korreliert werden6. 

Die proximalen Tubulizellen der Niere mit ihrer Expression von Vitamin D Hydroxylasen sind als Syntheseort von 1,25-(OH)2-D3 bekannt. Allerdings ist diese Synthese streng reguliert, sodass das diesbezügliche Enzym, die 1a-Hydroxylase, inaktiviert wird, sobald die picomolaren Serumkonzentrationen erreicht sind, die für Aufrechterhaltung der Kalzium/Phosphathomöostase erforderlich sind. 

Dann wird das metabolisierende/katabolisierende Enzym, die 24-Hydroxylase, aktiviert. Da diese Rückkoppelung extrem stringent ist und 1,25-(OH)2-D3 zwar die Proliferation von Zellen hemmt und ihre Differenzierung fördert, aber erst bei einer nanomolaren Konzentration, war es klar, dass das im Serum befindliche 1,25-(OH)2-D3 nicht für die krebshemmende Wirkung verantwortlich sein konnte. Wir7 und andere Labors8 konnten zeigen, dass auch Kolon- und Brustzellen die Fähigkeit haben, 1,25-(OH)2-D3 zu synthetisieren, da alle notwendigen Hydroxylasen exprimiert werden können. Abbildung 2 zeigt ein Schema dieser Synthese, die sowohl renal wie auch extrarenal stattfinden kann.


Es ist vorstellbar, dass das in der Kolonmukosa oder in Brustzellen synthetisierte 1,25-(OH)2-D3 im Gewebe lokal akkumulieren könnte und dadurch die notwendige Konzen-tration für Erhaltung des normalen Wachstums und der Differenzierung vorhanden ist. Wie könnten wir jedoch eine Interaktion von Vitamin D, Kalzium und (Phyto)östro-genen in der Wachstumsregulation verstehen?


Nahrungskalzium hat zwar selbst einen wachs-tumshemmenden Effekt im Dickdarm, einerseits über Bindung und Ausseifung von irritierenden Gallensäuren, aber auch über direkte Signaltransduktion (Calcium Sensing Receptor) an der Zellmembran9. Der wachstumshemmende proapoptotische Effekt von Kalzium auf Darmzellen und damit ein Schutz vor Darmkrebs ist schon seit langem bekannt10. 

Es soll in diesem Zusammenhang nachdrücklich darauf hingewiesen werden, dass eine zu geringe Kalziumaufnahme (ca. 500?mg/Tag) in unserer Bevölkerung prävalent ist, wobei 1.200 mg/Tag optimal wären. 

Aber der Mangel an Nahrungskalzium im Kolon wirkt sich auch auf die Synthese von 1,25-(OH)2-D3aus: Wir konnten in einem Mausmodell zeigen, dass reduziertes Kalzium in der Nahrung den Abbau von 1,25-(OH)2-D3 im Kolongewebe stimuliert. 

Diese vermehrte Expression der katabolischen 24-Hydroxylase wird jedoch bei Sojagabe (oder Gabe des in Soja prävalenten Phytoöstrogens Genistein) wieder normalisiert11. Zusätzlich wirken sowohl Östrogen wie auch Genistein, aber nicht andere Phytoöstrogene, z.B. Daidzein oder dessen Metabolit Equol, sowohl in Brust- als auch in Kolonzellen stimulierend auf das synthetisierende Enzym, die 1a-Hydroxylase12. 


Östrogene können daher sowohl die Synthese von 1,25-(OH)2-D3stimulieren als auch den Abbau hemmen. Dies könnte dazu beitragen, dass sowohl im Dickdarm- wie auch im Brustgewebe mehr 1,25-(OH)2-D3 akkumuliert und dadurch eine Hyperproliferation verhindert werden kann. Schematisch ist dies in Abbildung 3 dargestellt.




 



 

1 Peterlik M und Cross HS, Eur J Clin Invest 2005; 35:290-304.
2 Martinez ME und Willett WC, Cancer Epidemiol Bio-markers Prev 1998; 7:163-8.
3 Adlercreutz H, J Steroid Biochem Mol Biol 2002; 83:113-9.
4 Campbell-Thompson M et al, Cancer Res 2001; 61:632-40.
5 Women’s Health Initiative Investigators, JAMA 2002; 288:321-33.
6 Garland CF et al, Ann NY Acad Sci 1999; 889:107-19.
7 Cross HS et al, J Steroid Biochem Mol Biol 1997; 62:21-8.
8 Zehnder D et al, J Clin Endocrinol Metab 2001; 86:888-94.
9 Kallay et al, Cancer Detect Prev 2000; 24(2):127-36.
10Garland C et al, Lancet 1985; 1:307-9.
11Cross et al, J Nutr 2004; 134:1207S-12S.

12Lechner et al, Anticancer Res, in print 2006</i>

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen